Barracuda hat geschrieben:TurbojugendFCL hat geschrieben:jemand erfahrungen mit istanbul? gehe wohl im februar 5 tage.
Gehe vom 27.10 - 31.10.2010. Update folgt.
Lg
Voila, hier ein paar Reise-Infos:
Stadt:
Istanbul mit seinen über 16 Mio. Einwohner ist eine riesengrosse Stadt welche sich über eine Fläche von ca. 50x100km erstreckt. Es ist die einzige Stadt welche auf zwei Kontinenten gebaut ist. Meinereiner hat sich während den 5 Tagen auf den Europäischen Teil beschränkt. Wer sich einen kleinen Überblick über die Grösse der Stadt verschaffen will, dem empfehle ich eine Rundfahrt auf dem Bosporus. Die grossen Rundfahrtsschiffe sind in der Regel heillos mit Touris überfüllt, aber für ca. 10.- kann man auf einem kleineren Kutter eine herrliche Bootsfahrt machen. Istanbul erinnert irgendwie ein Bisschen an Berlin: Gross, Trist und jede menge Türken.
Kultur:
Wer in kurzer Zeit etwas von der Islamischen Kultur sehen will, ist mit der Blauen Moschee (freier Eintritt, Schuhe müssen ausgezogen werden), der Hagia Sophia und dem Topkapi-Palast gut bedient. Alle drei Sehenswürdigkeiten sind nur rund 300m Fussweg voneinander entfernt. Auch ein Blick in eine der über 3000 kleineren "Fusspilz-Fabriken" kann durchaus lohnenswert sein. Ein Besuch auf dem gedeckten Bazar kann ich ebenfalls empfehlen. Die Händler verhalten sich einigermassen gesittet und man kann sich frei Bewegen ohne in jeden Laden gezerrt zu werden. Im Gegensatz zum Bazar beispielsweise in Antalya sind die genannten Preise von Anfang an relativ realistisch, mit "määrten" ist in der Regel nicht mehr viel Mehr als +/- 10% herauszuholen (Da sich die Händler eine Zeit lang fast gegenseitig abgemurkst haben, sind heut oft Preisabsprachen untereinander vorhanden). Wer den Pamir dabei hat, kann sich auch an einen Türkischen Folkloreabend wagen. Ein Pamir ist übrigens auch zum Schlafen empfehlenswert da bereits in aller Herrgottsfrühe von den "Raketenabschussrampen" zum Gebet gerufen wird. Das ganze wiederholt sich dann insgesamt 5x täglich. Das Gejammer (welches Tönt als ob jemand unter einen Darmverschluss zu leiden hat), dauert pro Moschee eigentlich nur ca. 5min. Da es die Türken mit der Pünktlichkeit jedoch nicht so genau nehmen fängt der eine halt etwas früher an als der andere und so kann es gut und gerne 20min gehen bis wieder überall Ruhe eingekehrt ist. Was genau gerufen wird, verstehen übrigens gut 90% der Türken selbst nicht, da das ganze auf Arabisch ist und dort praktisch nur Koranschüler arabisch verstehen.
Leute:
Die Türken sind ein stolzes, aber äusserst gastfreundliches Volk. Es ist das einzige muslimische Land in welchem Staat und Religion getrennt sind. Der prozentuale Anteil an Kopftücher und Burkas ist nicht höher als an einem Samstag Nachmittag im Emmen-Center. Der Staatsgründer Kemal Attatürk ist den Türken über alles heilig. Am Nationalfeiertag (29. Oktober) ist alles was irgendwie eingehüllt werden kann in Türkische Flaggen verhüllt oder mit dem Konterfei von Attatürk verklebt.
Sicherheit:
Die Sicherheit in der Türkei wird sehr gross geschrieben. Praktisch alles wird entweder vom Staat oder von der Mafia kontrolliert. Und da sowohl Staat wie auch Mafia wissen wer die Devisen ins Land bringt sind Touristen quasi "Heilige Kühe". Je offensichtlicher etwas von der Mafia kontrolliert wird, desto sicherer kann man sich fühlen. Ein gutes Indiz dafür ist das seit einem Jahr eingeführte generelle Rauchverbot in allen Lokalen. Wenn du in ein Lokal gehst, sie dir von Beginn weg einen Aschenbecher auf den Tisch stellen und unter dem Rauchverbotsschild (auf welchem darauf hingewiesen wird dass du mit einer Busse oder Knast zu rechen hast wen du hierdrin rauchst) 2 Türkische Polizisten am Rauchen sind, kannst du das Portemonaie problemlos auf dem Tisch liegen lassen wen du zur Toilette gehst, es wird kein Rappen darin fehlen. Dass das Portemonaie weg ist wenn du es auf dem Bazar aus der Hosentasche lugen lässt ist natürlich klar, dies passiert dir aber auch am Wochenmarkt in der Altstadt Luzern. Jeder Platz und jede grössere Strasse ist von Kameras überwacht. Vor jedem Zutritt zu einer Sehenswürdigkeit muss die Tasche durch den Röntgenapparat gelassen und der Weg durch den Detektor genommen werden. Wer nicht jedes mal den Gürtel aus und wieder einfädeln will soll ihn am besten gleich zuhause lassen. Auch ist praktisch in jedem Hotel ein solcher Detektor vorhanden. Allerdings hat es jeweils nie gross jemanden interessiert wenn ein solcher Detektor gepiepst hat. Dies hat sich allerdings am Sonntag 31.Oktober von einem Moment auf den anderen geändert, als ein paar hundert Meter von unserem Hotel entfernt eine Bombe hochgegangen ist. Alles war plötzlich sehr hektisch, überall waren die Leute in Panik und die Bullen fuchtelten dir ständig mit der Maschinenpistole vor der Nase herum. Auch die Abreise am Flughafen war eine Tortur und hätte die Turkisch-Airline nicht mit etwas "Bakschisch" geschaut dass wir innert 15min auf dem Gate angelangt sind, hätte das Prozedre wohl Stunden gedauert. Aber vor solchen Anschlägen ist kein Schutz wirklich wirksam und die Geschichte hat uns eindrücklich gezeigt das Istanbul auch nach mehr als 8 Jahren "Bombenruhe" immer ein heisses Pflaster bleiben wird.
Fazit:
Städtetrip nach Istanbul mit ein paar Jungs zusammen ist jederzeit sehr interessant und abenteuerlich. Als Erholungstrip mit Maus ist davon allerdings eher abzuraten. Ausserdem bedarf ein solcher Trip einer guten Vorbereitung, da man sich in diesem "Dörflein" sehr schnell ziemlich verloren vorkommen kann, wenn man nicht weiss wohin einem der Weg führt. Wer einen Türken kennt und die Möglichkeit hat von ihm die Reise organisieren zu lassen und ihn als Dolmetscher und Ortskundigen mitzunehmen, dem rate ich von diesem Angebot gebrauch zu machen. Er wird dir viele Vorteile bieten können welche dir als 0815-Touri einige mühsame Momente einbringen könnten.
Ein paar zusätzliche Tipps:
- Setze dich in Istanbul nie hinters Steuer. Wer Rom oder Paris schon erlebt hat, kann dies mal Faktor10 rechnen. Ausserdem stehst Du sowieso ständig im Stau. Wer zuerst hupt hat Vortritt und Verkehrszeichen und Ampeln sind meist rein zur Dekoration da.
- Beleidige nie Staatsgründer Attatürk denn du wanderst ohne wenn und aber in den Bau. Dies kann dir relativ einfach passieren, da Attatürk allgegenwertig ist. Zerknüllst du unbedacht eine Banknote (er grinst dir auf jeder Note, egal welchen Wert, entgegen) oder pisst du auf dem Nachhauseweg an einen Gartenzaun oder Pfosten (auch da ist in der Regel irgendwo sein Kopf darauf platziert) kann das bereits reichen.
- "Füdlischuppen" sind trotz europäischem Standard eher weniger zu finden. Und das was du beim einzigen Eingang ins komplett eingemauerte Rotlichtviertel antreffen wirst wird dich davon abhalten hineinzugehen. Solltest du trotzdem etwas körperliche Nähe suchen, hat praktisch jede Bauchtänzerin (im europäischen Teil Istanbuls) ihren Preis. Wink dem Typen (du wirst rasch erkennen welcher es ist) der mit ihr im Lokal weilt und ihr werdet euch bald einig.
- Ein Besuch im Hamam mit einer türkischen Massage ist sehr empfehlenswert und du wirst dich anschliessend wie neu geboren fühlen. Obwohl auch eine türkische Massage ein klein wenig erotisches dabei hat solltest du es nicht mit einer Thai-Massage verwechseln. Falls du nicht mit einem Handtuch bekleidet vor zwei Türkischen "Kühlschränken" durch die Gassen gejagt werden willst, solltest Du es vermeiden der Masseurin an die Hupen oder an den Arsch zu fassen.
- Lerne vor der Ankunft ein paar wörter Türkisch. Guten Morgen, guten Abend, Prost, Danke und Bitte reichen eigentlich völlig. Die Türken werden dies als Wertschätzung anerkennen (selbst wenn die Aussprache schlimmer tönt als bei einem Ost-Anatolischen Bauern) und dich nicht wie einen Deutschen oder einen Engländer behandeln. Ob du es glaubst oder nicht, auch ein türkisches "Fick dich" im rechten Moment kann wunder bewirken. Allerdings solltest Du es nur sehr gezielt einsetzen.
- Du darfst Dich auch jederzeit mit Freude daran erinnern das wir die Türken aus der WM-Barrage gehauen oder die Minarett-Initiative angenommen haben. Vermeide es aber, sie persönlich darauf aufmerksam zu machen. Sie vergessen nie!