Radio Pilatus-Interview mit Walter Stierli
„Ich bin nicht Monsieur Constantin“
Andyamo Wolf: Gestern Abend hat man an der Generalversammlung des FC Luzern gespürt: Ohne ‚Wenn und Aber’ will man Walter Stierli an der Spitze des Vereins…
Walter Stierli (neuer FCL-Präsident): Es war eindrücklich, es geht auch unter die Haut, wenn man sieht, dass gegen 500 Leute im Schweizerhof einstimmig das Vertrauen schenken. Das bewirkt aber auch, dass man mit einigem Respekt an diese Aufgabe herantritt und sich hinterfrägt, ob man diesem Vertrauen, diesen Erwartungen auch gerecht werden kann. Aber die Leute werden auch wissen, dass man nicht alles von heute auf morgen ändern kann. Wichtig ist, dass die Leute wirklich spüren, dass wir ehrliche Arbeit leisten wollen. Bei diesen Voraussetzungen können wir einiges bewegen.
Welches waren die ersten Reaktionen, die Sie erlebten?
Anfangs warnten meine Freunde, ob ich mir da alles gut überlegt habe. Andere fangen mit 57 an, ihre Freizeit auf dem Golfplatz zu verbringen. Ich suche halt jetzt die Motivation beim FCL, getrieben durch das Empfinden, das ich diesem Verein gegenüber habe, jahrelang. Am Cupfinal ist mir bewusst worden, als ich ins Stadion kam und 20 000 Innerschweizer mit dem FCL mitfieberten, was wahnsinnig eindrücklich war: Irgendwie muss man diesem Verein helfen.
Jetzt sind Sie da, der Erwartungsdruck ist da an den neuen starken Mann. Aber es wird ja nicht gelingen, alles von heute auf morgen wieder zum Glänzen zu bringen, das in den letzten Jahren nicht geklappt hat. Was hat erste Priorität nach Ihrer Amtsübernahme?
Ich hatte die Möglichkeit, mich in den letzten drei, vier Wochen umzusehen, habe bereits einen guten Ueberblick erhalten, um zu wissen, wie wir die Prioritäten setzen wollen. Ich habe viele Ideen im Kopf, die ich jetzt mit meinen Geschäftsleitungs-Mitgliedern diskutieren möchte. Step by Step, da bin ich überzeugt, können wir hier viel bewegen. Als erste Massnahme geht es darum, wieder Vertrauen für den FCL zu schaffen, sich mit Leuten, die in den letzten Jahren vom FCL enttäuscht wurden, wieder zu versöhnen.
Mit schönen Worten allein wird dies nicht gelingen….
….morgen Abend im Cup gegen Concordia haben wir alle die Möglichkeit, ein erstes, weiteres Zeichen zu setzen.
Sie selber können ja nicht einfach ein 3:0 versprechen. Die Mannschaft kann dies tun….
….aber an der GV hat man gesehen, wie man zum FCL steht. Auf dem kann man aufbauen. Ich bin wirklich überzeugt, dass wir gemeinsam etwas bewegen können. Ich habe auch schon viele Reaktionen von Geschäftsleuten, die erkennen lassen, dass sie diesen Neustart beim FC Luzern unterstützen wollen.
Sie lassen erkennen, dass der alte Präsident diesen Goodwill nicht in dem Masse hatte….
Das kann man nicht so sagen. Jede Präsidentenepoche ist ein spezieller Zeitabschnitt. Pedro Pfister hatte es auch nicht leicht in seiner Zeit. Ich habe da ihm gegenüber einen Vorteil. Er kannte das Fussballgeschäft bei seiner Amtsübernahme nicht, kam vom Rudersport, kannte die harten Seiten des Fussball-Business nicht, und ist da ein bisschen ‚reingelaufen’, das hat er auch gesagt. Ich bin seit 25 Jahren dabei, habe mit dem FCL Hochs und Tiefs miterlebt, weiss auch, wie man in diesem Geschäft mit den Medien umgeht und sage, dass wir da schon eine Chance haben.
Es gibt also noch viel zu tun. Wenn man die Zeitungen durchschaut, dann in erster Linie mit dem Stadion. Sie sagen, es müsse 2009 bezugsbereit sein, die Stadt spricht, mit Hallenbad und Fitnesscenter, von frühestens 2010. Es könnte ein Zeitproblem geben….
Ich bin froh, dass ich dazu etwas sagen kann. Es ist so, dass der Fussballverband die Fristen, das Zeitfenster, bestimmt. Der Fussballverband verlangt gemäss kürzlich von ihm erhaltenen Schreiben eindeutig, dass bis zum Juni 2007 ein Stadionprojekt baubewilligt bzw. im Bau sein muss. Wenn man diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann man gar nicht mehr in der Super-League spielen. Wenn wir 2007 beginnen zu bauen, dann wird es nicht mehr als anderthalb Jahre dauern, bis das Stadion bereit ist, also spätestens 2009. Darum darf das vom Stadtrat vorgegebene Zeitfenster bis mindestens 2010 kein Thema sein.
Also muss man pressieren.
Richtig, der Verband macht berechtigte Auflagen, das unterstütze ich auch hundertprozentig. Andrerseits bin ich ja in der Stadtpolitik, und beispielsweise hatte die Kulturwerkstatt Süd, die jetzt zur Abstimmung kommt, ein Jahr Vorlaufzeit. Da reicht also ein Jahr. Da habe ich kein Verständnis dafür, wenn es in der Stadionfrage drei Jahre braucht!
Wie reagieren Sie auf diese Ausgangslage? Wie kann man sich da finden? Man sagt zwar, dass man vom gleichen reden muss. Es ist ja sicher nicht einfach, alle Interessen unter einen Hut zu bringen.
Das ist richtig. In den nächsten zwei Monaten sind wichtige Sitzungen mit der Stadt angesagt, und ich bin überzeugt, dass es eine gute Lösung gibt. Wir müssen uns jetzt da nicht bekämpfen, sondern partnerschaftliche Lösungen suchen. Ich finde es hervorragend, dass die Migros beispielsweise diesen idealen Standort, an hervorragender Lage mit diesem Einzugsgebiet, für ein Fitness-Center ausgewählt hat und sich engagiert. Wir wollen zusammensitzen und an dieser Sache schaffen. Ich bin überzeugt, dass terminlich da das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Das Stadion kostet Geld, der FCL müsste auch zusätzliches Geld einbringen, sagt der Stadtrat. Doch der FCL braucht das Geld für den Spielbetrieb. Kommt weiteres Geld jetzt einfach herbeigeflogen?
Ich denke nicht, im Fussball muss man das Geld auch ‚verdienen’, durch Anerkennung zuerst, die wir wiedergewinnen wollen. Mit der Anerkennung kommt dann auch das Geld. Betreffend Stadion bin ich der Meinung, dass eine Betriebsgesellschaft gegründet werden muss, die mit dem Fussballclub als solches kooperiert; es kann dabei nicht sein, dass dies dann zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten sind. Wir müssen Investoren haben. Ich meine, ‚Bern’ hat es uns vorgelebt. Das Modell ‚Bern’ soll auch wegweisend sein für Luzern.
Bern hat aber ein Einkaufszentrum integriert.
Richtig. Deshalb finde ich es auch nicht ganz korrekt, wenn die Stadt zuerst eine Mantelnutzung von 15 000 Quadratmetern eingeräumt hat, also mit der Möglichkeit, Gewerbe einzumieten, jetzt aber dies ausschliesst. Ich finde dies zwar auch richtig - eine sportliche Mantelnutzung kommt in einer Abstimmung viel besser ‚rüber’, weil man damit eine ‚ruhigere’ Allmend hat. Aber es kann dann doch nicht sein, dass man den finanziellen Beitrag nicht anpasst, und immer noch von nur acht Millionen spricht. Ich glaube, da ist auch noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Wieder Goodwill zu schaffen – auch dies gibt sicher viel zu tun. Das kann man sicher mit Worten. Aber die Grossen, ein ‚Schindler’, ein ‚Emmi’ werden nicht einfach kommen und sagen, ‚da habt ihr unser Geld, macht mit ihm, was ihr wollt…..’. Was kann man da ihnen bieten?
Ausstrahlung, Seriosität – und da spielen natürlich die Medien auch eine wichtige Rolle. Wenn jeder ‚Chabis’ in der Zeitung steht und die Sache ins Lächerliche gezogen wird, dann ist es natürlich schwierig, das Schiff in ein ruhiges Gewässer…..
…man muss aber auch sagen, dass der FCL in letzter Zeit viele solche ‚Plattformen’ darbot!
Man kann ja auch sagen ‚Gott sei Dank’, deshalb war das Radiohören auch immer interessant…. Ich wünschte mir, dass das Radio vielleicht etwas weniger ‚interessant’ sein wird, der FCL aber umso mehr.
Wenn wir zusammen am gleichen Strick ziehen, kommt es schon nicht schlecht. Die Geschichten waren ja nicht erfunden, alles Sachen, die passiert sind. Die der Fan auch hören möchte. Also: Marketing. Sponsoren, Investoren für die AG braucht’s. Sie sind nicht zu beneiden…
Ich bin mir auch bewusst, dass dies nicht so einfach ist. Aber ich habe von Natur aus ein gesundes Selbstvertrauen, und bin sicher, dass man da schon Möglichkeiten findet. Wir werden da sicher informieren, wenn es so weit ist. Ich denke, es muss die Wege geben.
Und spätestens in ein paar Wochen werden sie also einen finden, der drei, vier Millionen aus dem Köcher zieht….
Nein, so schnell geht dies nicht. Das Konzept muss stimmen. Und dieses steht, mit der AG, für die wir an der GV die Ermächtigung erhalten haben, mit der Betreibergesellschaft. Das gibt professionelle Strukturen, wir werden den Businessplan ausschaffen. Und dann wird man sehen, dass es interessant sein kann, Investor beim FC Luzern zu sein.
In zwei Monaten haben wir Weihnachten. Was wünschen Sie sich da als FCL-Präsident Walter Stierli?
Der sportliche Erfolg kann viel bewirken. Die Mannschaft hat einen sehr guten Lauf, und da gratuliere ich den Trainern…
…also Aufstieg ein ‚Muss’.
Das will ich nicht sagen. Ich bin nicht Monsieur Constantin, bei dem nach verlorenem Spiel der Trainer gehen muss. Man muss in Ruhe weiterschaffen, man muss alles professionalisieren, muss Ruhe bewahren, vielleicht punktuelle Verstärkungen noch machen – und ich denke, dass sich in diesem Prozess dann der Aufstieg von selber kommt.
Wir lassen uns überraschen, schön, dass Sie da in Andyamo ihren Mann stellen. Wir wünschen dem FC Luzern toi-toi-toi und alles Gute. Ob Zeitung, Radio oder Fernsehen, wir bleiben dran, denn der FCL interessiert, in negativen wie auch in positiven Formen