Tausend Dinge, Bilder, Erlebnisse gehen einem seit Donnerstagabend durch den Kopf. Ich weiss gar nicht, wo anfangen und wo aufhören. Ja, ich habs mir angetan, ich hab mir dieses Scheiss-Penaltyschiessen nun zigmal noch auf Youtube angesehen. Und ich bin überzeugt, zu wissen, woran es liegt, dass wir verloren haben.
Der Frust ist riesig, für mich persönlich grösser als nach dem letzten verlorenen Cupfinal. Weil wir dort unter anderem „nur“ einen Kübel gegen den klaren Favoriten verloren haben. Dieses Mal verloren wir mindestens eine, wenn nicht zwei oder noch mehr Reisen. Und zwar eine der Sorte Reisen, welche wir so dermassen über alles lieben. Wieso wir das so innig tun, ist jedem klar, der mindestens einen der letzten drei Trips mitgemacht hat. Es macht süchtig. Und wenn einem die Droge weggenommen wird, obwohl man sie quasi schon in der Hand gehalten hat, dann folgt unaufhaltsam der kalte Entzug. Im Wissen, dass man in frühestens einem Jahr wieder auf diese Droge zugreifen kann. Und das schmerzt richtig…
Die Begründung auf fcl.ch kann ich auch nur sehr schwer nachvollziehen. Vor allem erhält das Team so sehr wenig Bonus für morgen, meines Erachtens kann man bei den Fans fast nur verlieren (zumindest kurzfristig). Holen wir in Basel einen oder drei Punkte, wird’s heissen „wir hätten lieber mal in Perth gewonnen“. Verlieren wir, war die Schonung der Spieler eh völlig überflüssig.
Trotzdem: Scheiss-Konjunktiv, aber hätten wir einen echten Penaltykiller in der Kiste (vielleicht hätte sogar ein Schiedsrichter in Normalform gereicht), wäre das Konzept schon fast in Perfektion aufgegangen.
Dass jetzt Carlos der Sündenbock für viele ist, ist logisch und sicher nicht unrichtig. Er wird sich selbst genug ärgern, da bin ich mir sicher. Soll ja keiner glauben, dass er die letzten zwei Nächte gut geschlafen hat. Aber man darf nicht vergessen: Auch für ihn war das keine alltägliche Situation – der Mann hat nicht so viel internationale Erfahrung wie es sein Gegenüber bei St. Johnstone hatte. Und auch seine Vorgänger (zumindest Fringer und Yakin) hätten sicher anders gehandelt. Besonders letzterer zeichnet sich ja immer aus, den Fokus auf internationale Partien zu setzen und den Rest komplett zu vernachlässigen. (Gut, bei seinem neuen Klub kann ihm das nicht so schnell passieren
)
Entscheidend ist, ob Carlos (und der Club) etwas daraus lernt oder nicht. Der FCL-Plan ist und bleibt, auf längerfristige Zeit besser zu werden. Mit kleinen, aber nachhaltigen Schritten. Das heisst, dass man gemeinsam an Rückschlägen wächst, zusammenrückt und davon die Lehren zieht. Das gilt sowohl für Spieler wie auch für Trainer. Zumindest spielerisch (und wie ich finde, auch kämpferisch) lassen die ersten drei Spiele doch hoffen, dass wir auf dem richtigen Kurs sind. Frust hin oder her, was bringts denn jetzt schon wieder, seinen Kopf zu fordern oder Stimmung gegen ihn zu machen? Genau dann würden wir wieder von vorne beginnen – und da bin ich zum jetzigen Zeitpunkt total dagegen. Damit meine ich nicht, dass man nicht gegen seine Entscheidung wettern soll – ganz im Gegenteil. Hier Unmut und Unverständnis zu äussern, ist mehr als legitim. Aber alles andere ist m.E. in der jetzigen Phase kontraproduktiv.
St. Johnstone war keineswegs besser, aber cleverer. Kleine Dinge haben den Unterschied (der eigentlich qualitativ klar zu unseren Gunsten lag) ausgemacht. Wie die Trainer eben aufgestellt haben. Wie die Schotten in Luzern das Spiel in der zweiten Hälfte verschleppt haben. Wie die Teams das Elferschiessen gestalteten: Man zähle, wie oft der nordirische Engländer im Tor der Schotten die richtige Ecke wählte – und wie oft der unsrige zu früh und nicht zu 100% überzeugt in eine Ecke sprang. Man beachte, dass die abgegebene Liste der Schützen nicht der Reihenfolge entsprach, wie sie danach anlaufen wollten.
Im entscheidenden Moment zeigten unsere Schlüsselpersonen Nerven – und bei den Schotten kannten sie die Situation vom Vorjahr. Nächstes Jahr, da haben wir hoffentlich diesen Vorteil. Egal, ob wir dann gegen eine bessere oder schlechtere Mannschaft spielen. Und unsere Freude wird dank des Schmerzens von heute nochmals höher sein. Weil wir wissen, wie es ist, sowas zu verlieren – das ist unser Schicksal, mit dem wir seit Neunzehnnulleins (oder Neunzehnneunundachtzig) leben müssen. Uns ist pure Freude bekanntlich schon oft vergönnt worden, nicht mal einen Cupsieg können wir ungetrübt feiern, weil ein Abstieg damit verknüpft war.
Aber: Die letzten Tage haben einmal mehr gezeigt, dass dieses lang anhaltende Schicksal uns auch verdammt viel gibt. Die verschiedenen Generationen, Gruppierungen, Leute, Legenden, die sich auf den Weg nach Perth gemacht haben, um unsere Leidenschaft gemeinsam zu (er)leben, das ist unbeschreiblich und auch unbezahlbar. Der Frust ist gross, aber der Stolz ist grösser – und eben auch nachhaltiger. Die nächste Reise, die ist nicht annulliert worden, sondern nur verschoben. Hoffentlich auf nächste Saison – und wenn nicht, dann halt übernächste. Und dann krame ich dieses Jammerposting wieder hervor und weiss: Selbst diese Reise hatte sich gelohnt, weil sie uns hilft, damit wir auf der nächsten Reise als Sieger zurückkehren werden.
Und jetzt mal ohne dieses Scheiss-Resultat: Danke allen, die etwas zum Gelingen dieser Reise beigetragen haben. Allen voran @ US Luzern für die Organisation und vor allem der Coolness bei den gelegentlichen Hindernissen, das war grosses Kino – vielleicht solltet Ihr nächstes Mal auch die Teamreise koordinieren, damit die Spieler am Tag zuvor wenigstens ein Sandwich kriegen.
Danke auch der Firstline im Stadion – bin verdammt froh, dass sich keiner letzten Endes hinreissen liess, die wenigen beim Platzsturm mäxelnden Schotten einzuteilen. Verdient hättens diese Einzelmasken ja, aber der Preis (v.a. die möglichen SVs) wäre definitiv zu hoch gewesen. Wir brauchen jeden Einzelnen! Hier hat unser Goalie im Übrigen wieder etwas besser reagiert als die paar Sekunden zuvor, darf ja auch mal erwähnt werden.
Ganz stark der Auftritt der gesamten Szene – von der Abreise bis zur Ankunft. Ich bin wirklich beeindruckt. Das ist, was zählt – WIR waren alle auf den Punkt genau parat. WIR sind hier sicher schon ein Stückchen weiter als der Club – und jetzt nur nicht von den wenigen, aber entscheidenden Fehlern von Carlos & Co. beirren lassen. Weiter geht’s!!!
LOYAL KÄMPFE – ZÄME GWÖNNE – machen wir es vor, damit im nächsten Sommer in derselben Situation Club und Trainer cooler bleiben – und gemeinsam auf die Karte Europapokal gesetzt wird!