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von tangojoe » 11. Mär 2012, 09:02
«Ich werde mit Yakin reden»
Die Aussagen von Murat Yakin über FCL-Chef Walter Stierli an einem Fan-Anlass sorgen für Aufsehen.
Wie reagiert Stierli auf die öffentliche Kritik des Trainers?
Betrachtet man die Tabelle der Super League, ist die Welt beim FC Luzern mehr als in Ordnung. Vor dem heutigen Auswärtsspiel in Genf beim vom Konkurs bedrohten Servette belegen die Innerschweizer Platz 2. Doch beim FCL rumort es hinter den Kulissen. Grund: Der Auftritt von Trainer Murat Yakin (37) am Donnerstagabend im Fan-Treff «Zone 5» am Luzerner Bundesplatz. Bei einem Podiumsgespräch vor mehr als 200 FCL-Anhängern von der Sorte «harter Kern» hat Yakin seinen Chef Walter Stierli scharf kritisiert. Obwohl Yakin darauf hingewiesen wurde, dass sich ein Journalist der Boulevardzeitung «Blick» unter den Zuhörern befand. Dieser schien nur auf die brisanten Aussagen des FCL-Cheftrainers zu warten. Davon gab es einige an diesem Abend mit den Fans, die zu Beginn des Anlasses bei einer Abstimmung «Pro oder Kontra Yakin» eindeutig gegen den prominenten Gast «voteten». Bitter für den Trainer, der beim unattraktiven 1:1 in Thun vor einem Monat «Murat raus!»-Rufe von den gleichen Fans zu hören bekommen hatte. Nicht zuletzt deshalb wählte Yakin aus eigener Initiative den schweren Gang in die berüchtigte «Zone 5». Dort nahm er sich fast drei Stunden Zeit, punktete mit Offenheit und lockeren Sprüchen.
«Kommunikationslücke» Stierli
Allerdings gingen einige Aussagen gegen den eigenen Chef Walter Stierli. «Wir haben eine Kommunikationslücke in unserem Verein. Die kennen auch die Medien. Wenn sie keine Informationen bekommen, dann gehen sie zum Präsidenten. Das ist leider so. Er ist ein gutmütiger Mensch und nimmt öfter das Telefon ab, plaudert auch, wenn er eigentlich nicht sollte.»
Yakin kritisierte neben Stierli auch andere wichtige Personen des FCL, wie die Investoren, weil er sich offensichtlich immer noch über den gescheiterten Bobadilla-Transfer ärgert: «Ich war in der Winterpause in Gladbach und habe auch Bobadilla besucht. Ich habe gemerkt, dass wir ihn wirklich holen können. Stierli sagte: ‹Muri, mach etwas!› Leider waren die wichtigen Leute im Verein zwischen Weihnachten und Neujahr zu lange in den Ferien, deshalb konnten wir nicht reagieren.»
«Stierli so nehmen, wie er ist»
Zum Thema Sportchef sagte Yakin: «Der Präsident kann nicht auch noch Sportchef sein, das ist unprofessionell. Das hat er auch eingesehen. Aber der Präsident ist für mich ein Ehrenmann, wir müssen dankbar sein und ihn nehmen, wie er ist. Mit den guten und den schlechten Seiten.»
Wir sprachen mit FCL-Präsident Stierli am Telefon über Yakins Aussagen.
Walter Stierli, Sie haben den «Blick»-Artikel in London online gelesen. Was sagen Sie zu Murat Yakins Aussagen?
Walter Stierli: Das ist Boulevard. Es waren zwei Leute vom FCL vor Ort, die mir mitteilten, dass der Artikel masslos übertrieben ist. Ich komme Ende nächster Woche zwischenzeitlich nach Luzern zurück, dann werde ich mit Muri reden. Und zuvor schon am Telefon.
Fühlen Sie sich von ihm nicht persönlich angegriffen?
Stierli: Ich bin kritikfähig und stelle mich der Kritik. Wir bauen beim FCL etwas Neues auf. Dass wir einen Sportchef brauchen, wissen alle. Man darf die Aussagen nicht überbewerten. Ich habe einen breiten Rücken. Wenn ich gegen ihn etwas sagen würde, dann würden sich die Medien darauf stürzen. Die Medien stehen unter Druck, suchen solche Geschichten.
Die Kommunikation des FCL macht des Öfteren keine «gute Falle».
Stierli: In diesem hektischen Umfeld sind die Anforderungen an unsere Medienabteilung enorm gestiegen. Wir dürfen die Kommunikation künftig nicht mehr im Teilzeitpensum führen. Gerade seit dem Stadionbezug ist es sehr viel mehr geworden. Vor einem Match wie gegen Basel kommen heute über 30 Journalisten an die Pressekonferenz, während früher drei oder vier Personen anwesend waren.
Unterschätzt Yakin das besonders grosse Interesse der Innerschweizer am FCL, wo jede brisante Aussage des Cheftrainers diskutiert wird?
Stierli: Das gehört irgendwie zum Fussball. Bei Bayern München ist das auch so. Alle stehen im Fokus. Jedes Wort, das man sagen will, muss überlegt sein. Der FCL hat in den sechs Zentralschweizer Kantonen eine riesige Bedeutung. Die Zeitungen haben hier dank unserem Verein eine grössere Leserschaft als anderswo mit anderen Super-League-Klubs.
Wir schrieben in der Samstagsausgabe, dass Yakin entscheiden kann, wer sein Goalietrainer in der neuen Saison wird. Ist das korrekt?
Stierli: Das ist richtig. Die Chefangestellten müssen entscheiden können, wer ihre direkten Mitarbeiter sind.
Yakin besitzt weiter Ihr Vertrauen?
Stierli: Ja, es gibt null Probleme.
daniel wyrsch
Quelle: Zentralschweiz am Sonntag LU vom 11.03.2012