emm hat geschrieben:Hab mich ja schon ewig nicht mehr hier (an-)gemeldet, aber ich find's irgendwie unverständlich, was ich hier lese.
In Luzern arbeitet man seit Jahren mit einer wechselhaften und wankelmütigen Vereinsführung und einem mehr als grenzdebilen Geldgeber, der sich auch immer mal wieder ungeschickt in der Zeitung äussert. Der CEO sorgt für Wirbel beim (eigenen) Personal, aber kriegt bis zu seiner Entlassung von den versprochenen Sponsoren gar nichts hin, Studhalter macht ein bisschen den Freizeitpräsidenten, Geld ist nicht wirklich da, weder für Spieler noch für den Trainer selbst. Ich glaube, dass grundsätzlich mal keiner unter solchen Umständen arbeiten will, und dass vor allem jeder diese Umstände gerne durch bessere Umstände ersetzt. Für uns ist FCL grundsätzlich Fanliebe, aber täglich mit solchen Leuten am Tisch zu sitzen, ist wohl schon relativ mühsam. Kommt hinzu: Die Klubleitung hat Seoane im Winter das Vertrauen gegeben, weil der Trainer "gut und günstig" sein musste (so Alpstäg), und gut und günstig findet man nur dort, wo noch nicht jeder weiss, dass ein Trainer gut ist, also im Nachwuchs. Gerry wird kaum ein sexy Salär gehabt haben, aber er hat das Vertrauen durch diese Rückrunde mehr als zurück bezahlt (dass die Deppen aus Bern uns dann im Cupfinal den Traum zerstören, dafür konnte er wenig). Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass dieses Team (in einer ausgeglichen schlechten Liga) mit Rang 3 wohl überbewertet ist und man in Zukunft eher wieder die Ränge 4-6 ins Auge fassen muss. Mit anderen Worten: Ohne die Möglichkeit, zu investieren, ist aus diesem Kader nur bedingt mehr rauszuholen. Und wenn dann Spieler wie Heki ablösefrei gehen, wird es schon schwierig, an eine sportlich rosigere Zukunft zu glauben (zumal man ja jetzt nach dem FCZ-Cupsieg auch nicht sechs Spiele in Europa macht). Auch wenn Gerry ein Fachmann für die Nachwuchsarbeit ist - ich finde es verständlich, dass man auch mal sportlich Erfolg haben und nicht jeden Franken auf Kosten des sportlichen Erfolgs umdrehen will.
Und dann klopft der amtierende Meister an: Andere sportliche Perspektive, anderer Kader, anderes Geld. Und an der Heimfront in kurzer Zeit sehr viel erreicht, das sich nur schwer, und mit dieser Vereinsführung und dieser Kaderentwicklung wohl kaum wiederholen lässt. Ich verstehe Gerrys Entscheidung vollkommen. Wer sich darüber aufregt und jetzt Worte wie Judas in den Mund nimmt, der sollte sich mal überlegen, was Seoane Luzern schuldet, und umgekehrt: was Luzern ihm schuldet. Wir haben eine riesige Rückrunde gesehen, in der sich unser Team wohl leicht über seinen Möglichkeiten klassiert hat. Dass es dafür zu wenig Belohnung gibt, daran sind die Hauptstädter schuld. Dass dieser Kader nie, aber auch nie stabil ist, dass wir nie einen "besseren" Spieler halten können (Juric zählt nicht, 7 Tore in 27 Spielen sind zu wenig), dass man Seoane auch im April nicht an den Tisch gebeten hat, das liegt alles nicht an Gerry.
Und ja, auch ich habe so wieder mehr Angst vor nächster Saison! Mein Verdacht ist nämlich, dass wir jetzt wieder einen dieser ewigen CH-Rohrkrepierer-Trainer holen. Forte, Fringer und wie sie alle heissen.
Tja, irgendwie ist nichts falsch, was du schreibst. Aber du nimmst stark die Perspektive des Trainers ein. Und das hier ist nun mal nicht das Trainer-, sondern das Fanforum. Und als solcher ist es schon extrem frustrierend, was immer und immer wieder abläuft bei unserem geliebten Club. Die letzten Zehn Jahre gab es gefühlt kein einziges richtig gutes Jahr am Stück. Dafür aber ziemlich genau zehn richtig geile Halbjahre. Jetzt stell dir mal vor, es würde uns mal gelingen vier, fünf solche aneinander zu reihen. Ich wage gar nicht daran zu denken. Ich habe einfach immer das Gefühl, dass etwas richtig grosses möglich wäre, wenn mal alles stimmen würde. Wenn wirklich alle über eine längere Zeit am gleichen Strick reissen würden, Spieler, Trainer, Sportchef, Vorstand, Fans, Sponsoren, usw. Wir sind doch nicht Thun, das immer alles richtig gemacht hat und das Maximum rausgeholt, wenn es schon wieder nicht abgestiegen ist.
Der FCL ist wie eine Maschine, die immer wieder kaputt geht. Und ist sie wieder mal geflickt und gut geschmiert und jedes Zahnrädchen greift sauber ins andere, dass es nur so surrt und eine wahre Freude ist und man denkt, "jetzt kommt es gut, jetzt kommt es vielleicht endlich mal richtig gut, jetzt einfach laufen lassen und jaaa nichts mehr anfassen", dann kommt irgend ein Arsch und reisst wieder ein Zahnrad raus und zertrampelt es am Boden und alles fängt wieder von vorne an. Und das hat Seoane nun genau gemacht. Und dann dreh ich einfach durch! Ich nehme ihm das übel und lasse mir das nicht nehmen, auch wenn ich als Fan die Mechanismen im Geschäft eigentlich kenne.
Es gibt übrigens auch einige andere Beispiele. Juric hatte ja mal ein Angebot von der Insel, welches er abgelehnt hat, da ihm nicht die schnelle Kohle, sondern die richtigen Karriereschritte wichtig waren (und es ihm in LU auch noch gefällt). Oder schau dir mal an, wer alles bei Real absagt diese Tage. Scheinbar auch Nagelsmann. Ich denke, dieser war in einer ganz ähnlichen Situation wie Seoane (Wenn auch ein paar Etagen höher). Meiner Meinung nach wäre es Gerry auch gut angestanden, das angefangene Projekt beim FCL weiterzuführen und seine Karriere Schritt für Schritt zu nehmen. Die Zukunft wird es zeigen.