Ich werde mir mit diesem Eintrag wieder mal nicht viele Freunde machen, das ist mir durchaus bewusst. Aber Insomnia hat zugeschlagen und was sein muss, muss sein

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Vorab: Ich bin ein grosser Fan der #mikemuessbliibe-Welle. Sie ist originell, kommt sympathisch rüber und präsentiert Luzern schlichtweg perfekt. Die witzige Art kommt bei den Leuten offensichtlich gut an.
Vorab, Teil 2: Ich bedaure auch den Weggang von Thomas. Besonders tragisch ist natürlich, dass er zu einem Ligakonkurrenten wechselt.
Dabei scheint mir jedoch, dass die Rolle von Mike und Thomas von vielen zu unkritisch betrachtet wird oder schlichtweg zu wenig Beachtung erhält. Vielleicht will man es auch gar nicht wahrhaben oder einfach nur vertuschen?
Keine Frage, Thomas hat insbesondere im finanziellen Bereich von Beginn weg grosse Arbeit geleistet. Er hat immer im Interesse des FCL gehandelt und manche sehr, sehr schwierige Situation be- und überstanden. Hier hat er sich (mit kräftiger Unterstützung von Walter Stierli und seinem Vorgänger) einen echten Leistungsausweis erarbeitet, die erfolgreichen Kämpfe um die Lizenz in letzter Minute haben die meisten noch in Erinnerung.
Es grenzt aber schon beinahe an Sarkasmus, wenn jetzt Thomas als „Opfer der Professionalität“ bemitleidet wird. Schliesslich war er es, der genau unter dem gleichen Motiv zum Handkuss „CEO“ gekommen ist und diese Strukturen selbst gepusht hat. Gebetsmühlenartig hören wir seit Jahren, dass wir professioneller werden müssen.
Der Wechsel nach Zürich ist eine Flucht nach vorne und das ist unter diesen Umständen sicher nachvollziehbar. Trotzdem: Vielleicht täusche ich mich, aber in Zürich dürften die Voraussetzungen kaum so viel anders sein. Glaubt jemand ernsthaft, Canepa wird ihm weniger dreinreden als der kommende VR-Präsi beim FCL? Sein Vorgänger C. Ammann führt die Abteilung Marketing & Kommunikation, that’s it. Die Bereiche „Operations & Adminstration“, „Finanzen & Controlling“, „Sport“ haben allesamt eigenständige Leiter, letztere beiden sind mit einer „dotted line“ zu einer entsprechenden Kommission versehen, welche sogar direkt an den VR berichten. Da müsste schon auch noch eine Restrukturierung anstehen, damit er überall so wüten kann, wie er sich wünscht. Anyway, nicht unser Problem.
Es kommt einem gerade so vor, als ob Mike und Thomas die letzten Kämpfer des „wahren FCL“ wären. Doch sind sie das wirklich? Wie schnell gehen Dinge vergessen… Es fallen mir auf Anhieb dutzende Dinge ein, bei denen ziemlich sicher nicht Wauti ausschlaggebend war, sondern eben diese beiden Protagonisten zu verantworten haben. Nicht einfach Fehlentscheide („wo gehobelt wird, fallen Späne“), sondern Vorfälle, welche bewusst oder unbewusst der „Entfremdung“ zwischen Fans und FCL-Innerschweiz AG dienten.
Man erinnere sich an all die Dinge, welche die Marketingabteilung produziert(e). Von bescheuerten, steiwüeschten Fanartikel über die Umbenennung der Saisonkarten bis hin zu peinlichsten Plakatkampagnen, die sich in jedem Jahr aufs Neue übertreffen: ja, immer noch! Nie hat eine wiederholte Fehlleistung personelle Konsequenzen, alle dürfen schön ruhig weiterwurschteln. Im Gegenteil, sie kriegen teilweise sogar noch zusätzliches Personal, um diesen Schrott zu produzieren.
Bei unserem Lieblingsbaby – der Kommunikation – weiss ich schon gar nicht, wo ich beginnen und wo ich aufhören soll. Ah doch… Ich hab jetzt extra nachgeschaut: Vor über vier Jahren glänzte DF mit einem Spielbericht zum unvergesslichen Barrage-Kick.
http://www.fclforum.lu/viewtopic.php?p=359311#p359311
Wie gesagt, über vier Jahre ist es her. Wir sind „vielfältiger“ geworden, haben jetzt einen Live-Ticker, haben Facebook, haben Twitter, wir haben fcl.tv. Die (Nicht-)Qualität aber, die ist immer noch genau dieselbe. Ist das wirklich professioneller? Käumlich. Wir haben jetzt zwar mehr Plattformen, wir haben – uff, immerhin – einen anderen Medienchef. Und wir haben sogar einen Kommunikationsexperten im VR! Aber inhaltlich? Da sind wir keinen Schritt weiter. Es ist eine Beleidung für jeden Sponsor, der neben diesen himmeltraurigen, fehlerreichen Texten sein Logo stehen hat. Bei jedem Direktvergleich mit den anderen Klubs sehen wir schlecht aus, sei es die Homepage, seien es die TV-Beiträge, seien es die Twittereinträge. Angekündigt hat man „best in class“, in der Umsetzung ist es nur „lächerlich“. Und inzwischen erahnen wir sogar dank dem Plappermaul himself, dass es auch mit den Autofahrkünsten der konkurrenzierenden PR-Verantwortlichen besser steht.
Weiter geht’s: Die Cash Card, die Kunstrasenposse, die teils haarsträubenden Aussagen vom CEO zum Thema Sicherheit. Ein paar Dinge haben sich dann glücklicherweise wieder erledigt, mit einigen wesentlichen fanunfreundlichen Produkten müssen wir heute noch leben. Die Liste ist nicht abschliessend.
Fairerweise möchte ich anmerken, dass Thomas und Mike auch vieles dazu gelernt haben – und durch die gemachten Erfahrungen Verhaltensänderungen an den Tag legten. Der Fandialog hat sich teilweise stark verbessert, das Verständnis für Fananliegen ist generell gestiegen. Das führt letztendlich wohl auch dazu, dass sie nun diesen Rückhalt erleben dürfen.
Die Fanarbeit ist zum Glück noch da, das Fanlokal auch. Zwei wichtige Elemente, welche besonders Mike mitgetragen hat. Aber so richtig Eier hat man dann doch nie – Heusler bleibt hier leider einsame Spitze. Deutliche, klare Worte gegenüber Politik, Medien, Behörden in Sachen Fankultur? Zum Thema Konkordat (notabene mit direkten finanziellen Auswirkungen für den FCL…)? Da hat man sich – wenn überhaupt - nur hinter vorgehaltener Hand geäussert. Die Überzeugungskraft fehlt. Die Angst vor heftigen Reaktionen (wohl auch aus den eigenen Reihen – lg von Wauti) ist zu gross, man hat es verpasst, eine starke Lobby aufzubauen.
Weil man heikle Fragen lieber anders löst. So wie dann, wenn kritische Momente zu Beginn der Winter- oder Sommerpause anstanden. Mit Abwesenheit. Mit Schweigen. Ohne erkennbare Strategie. Zeit heilt alle Wunden oder so.
Genau so – so macht es zumindest von aussen den Anschein – verhält man sich jetzt auch wieder. Mike wartet. Vielleicht tut sich ja noch was. Bis gestern hatte er wenigstens noch Thomas an seiner Seite.
So wird das nix. Pfarrer Sieber sucht in Ruhe seinen Ministranten aus. Und wir können nur hoffen, dass dieser dann unsere Religionsauffassung teilt. Tut er das, ist das vermutlich sogar besser, als wenn Mike bleiben würde. Tut ers nicht, wars das wohl.