Das heikle Projekt des Godi Waser
LUZERN ⋅ Einst gehörte Goalie Godi Waser zu den gefeierten Stars der Schweizer Fussballszene. In jener Zeit soll sich gemäss Waser auch ein fürchterliches Ereignis zugetragen haben. Dabei geht es um eine angebliche Vergewaltigung.
Thomas Heer
Was waren das für Zeiten in den 1980er-Jahren, als den Fussball noch ein Hauch von Unbekümmertheit und Rock-’n’-Roll umgab. Nur unter solchen Umständen war es überhaupt möglich, dass die Schweizer Fussballnationalmannschaft im November/Dezember 1983 eine – gemessen an heutigen Massstäben – ziemlich abenteuerliche Reise nach Afrika unternahm. Unter Trainer Paul Wolfisberg spielten die Eidgenossen gegen die Landesauswahlen von Algerien, Elfenbeinküste, Simbabwe und Kenia. Zum Kader gehörte damals auch Godi Waser, Torhüter beim FC Luzern. Zweimal kam der Nidwaldner zum Einsatz. Wenige Monate nach diesem Trip spielte Waser während einer Trainingspartie auf der Allmend mit dem FC Luzern gegen einen der besten Fussballspieler aller Zeiten, den Brasilianer Zico, Dreh- und Angelpunkt von Udinese Calcio. Über die Begegnung mit dem Starkicker sagte Waser einst gegenüber einem Sportmagazin: «Zico machte immer etwas, das man nicht berechnen konnte. Wir bekamen ihn nie in den Griff.»
Waser schreibt Autobiografie
Das sind zwei kurze Reminiszenzen aus dem vielfältigen und erfolgreichen Leben des einstigen Fussballprofis Godi Waser. Wie es dem Nidwaldner heute geht, ist aus der Distanz schwierig zu beurteilen. Es macht aber den Anschein, dass ihn auch Unerfreuliches aus längst vergangenen Tagen noch immer heftig umtreibt. Am 31. Dezember 2015 versandte Waser eine E-Mail an «Liebe Freunde, Verwandte und Bekannte». Im Schreiben hält Waser unter anderem fest: «Ich habe meine Autobiografie geschrieben und veröffentliche sie auszugsweise aus selbstklärendem Grund in der Beilage.»
Happiger Vergewaltigungsvorwurf
Und diese Beilage hat es in sich: Darin bezichtigt Waser nämlich einen einstigen schweizweit bestens bekannten Fussballer, im Jahr 1988 eine Frau vergewaltigt zu haben. Und zwar in einem Boot auf dem Vierwaldstättersee, wie die «Schweiz am Sonntag» vor wenigen Wochen schrieb. Das ist ein happiger Vorwurf. Wie kommt Waser dazu, ein angebliches Verbrechen, das sich vor bald 28 Jahren ereignet haben soll, im Jahr 2016 nach aussen zu tragen? Eine gemäss Waser verübte Tat, die nie in einem Gerichtsurteil Niederschlag fand.
Waser zieht Aussagen zurück
Die «Zentralschweiz am Sonntag» hat selbstverständlich bei Godi Waser nachgefragt, weshalb er einen ehemaligen Fussballprofi-Kollegen einer Vergewaltigung bezichtigt. Eine erste Version des Textes bekam der heutige IT-Unternehmer integral zum Gegenlesen zugestellt. Im Antwortschreiben hält Waser dann in einem ersten Satz fest: «Ich distanziere mich klar von Ihrem geschriebenen Artikel. Sie haben meine Sichtweise in keinster Weise wiedergegeben und haben meine Worte willentlich verdreht.» Waser schreibt weiter: «Ich teile Ihnen unmissverständlich mit, dass ich die Aussagen in Ihrem Bericht nicht gemacht habe, wie Sie sie ausgeführt haben.» Der Schlusssatz des Schreibens lautet: «Ich wünsche keinen Kontakt mehr.»
Klage droht
Um die Persönlichkeit der betroffenen Personen zu schützen, verzichtet die «Zentralschweiz am Sonntag» darauf, jene Gründe zu nennen, die Godi Waser dazu bewogen haben, zum Jahreswechsel den Vorwurf eines angeblichen Verbrechens aus längst vergangener Zeit zu streuen.
Urs Saxer, Professor für Medienrecht an der Universität Zürich, sagt zu Wasers Vergewaltigungsanschuldigung: «Eine Rechtfertigung, so etwas zu publizieren, sehe ich nicht.» Und Andreas Meili, Zürcher Anwalt, der sich unter anderem auf Medienrecht spezialisiert hat, erklärt aufgrund der bekannten Faktenlage: «Wer solche Äusserungen macht, riskiert eine Klage wegen Ehrverletzung.»
Meili sagt weiter: «Solange eine Person nicht rechtskräftig verurteilt wurde, gilt die Unschuldsvermutung.» Und im beschriebenen Fall käme gemäss Meili noch dazu, dass, wenn der Täter überhaupt verurteilt worden wäre, dieser das Recht auf Vergessen hat. Also im Sinne der Resozialisierung in der Öffentlichkeit nicht wieder damit konfrontiert werden darf.