Zitiert aus dem Blick, Quelle:
http://www.blick.ch/sport/fussball/artikel46390
Obwohl's der Blick ist, interessantes Interview...
«Constantin braucht Sklaven um sich!»
SION –
Nestor Clausen (44), der Sion-Trainer, der am Sonntag in der Halbzeit-Pause völlig überraschend seinen Rücktritt gegeben hatte, zeigte gestern im Hotel Ibis in Sion auf seine Espresso-Tasse. «Tropfen um Tropfen fiel hinein», deutete der Weltmeister um 19.10 Uhr in einem Konferenzzimmer an. «Und irgendwann war die Tasse voll…»
Gegenüber BLICK sprach der Argentinier gestern über seinen überraschenden Rücktritt und Sion-Präsident Christian Constantin. Clausen: «Der Präsident ist ein Lügner!»
Er, Clausen, sei geldgierig, hatte der Boss gestern im BLICK behauptet. 180 000 Franken Lohn seien ihm zu wenig gewesen. Und Clausen habe dem Präsidenten einen Tag nach seinem Rücktritt erklärt, er würde jetzt anders handeln… Clausen: «Alles erlogen.»
Kurz nach acht Uhr morgens läutete gestern Clausens Handy. Am anderen Ende sei der Präsident gewesen. Clausen: «Ich nahm ab und sagte: ‹Salut Lügner!› Da begann er laut zu werden, er wollte mich einschüchtern. Aber da wurde ich auch einmal laut…»
«Wissen Sie», sagte der Gaucho mit ganz ruhiger Stimme zu BLICK, «eigentlich wollte ich ja erst nach dem Spiel gegen GC reden, damit keine Unruhe in die Mannschaft kommt. Aber die Geschichte, ich sei geldgierig, lasse ich nicht auf mir ruhen. Auch sie ist erlogen. Ich muss mein Image in Argentinien schützen. CC ist für mich ein kleiner Junge, der mit seinem Geld etwas vortäuschen will, das er gar nicht ist.»
«Ich verdiente in Sion 13 000 Franken brutto monatlich. Davon gehen die Steuern ab. Ich weiss nicht wie viel. Ich habe bei den Vertragsgesprächen nicht um einen einzigen Rappen gefeilscht. Ich wäre gratis nach Sion gekommen. Constantin will mit dieser Geld-Geschichte nur das Publikum gegen mich aufbringen, damit er meinen überraschenden Abgang rechtfertigen kann.»
«Und», fuhr Clausen, dessen Vorfahren einst aus Ernen VS nach Südamerika ausgewandert waren, fort, «wir waren Erste, aber Prämien haben wir nie gesehen… Mit der Mannschaft übernachteten wir in den besten Hotels. Ich hätte lieber auf dem Boden geschlafen, wenn meine Spieler dafür die Prämien erhalten hätten.»
Was passierte nun am Sonntag in der Pause beim Cup-Spiel in La Chaux-de-Fonds beim Stande von 0:1 in der Pause wirklich?
Clausen: «CC kam in jedem Match in die Kabine. Ich war schon seit fünfzehn Tagen am Überlegen. Mehr und mehr habe ich die Freude verloren. Und ich hatte das Gefühl, dass meine Arbeit nicht geschätzt wurde. Am Sonntag wars nun der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ich ging in der Pause im Gang auf und ab, überlegte, was ich der Mannschaft sagen werde. Da trat CC in die Kabine und schrie die Spieler an: ‹Allez les gars! Allez les gars!› (Anmerkung der Redaktion: Vorwärts Jungs!) Eine Respektlosigkeit mir gegenüber. Auf einen Schlag hatte ich eine Leere im Kopf. Darum entschied ich spontan: Jetzt ist genug! Der Präsident hat in der Kabine nichts zu suchen. Das ist die Intimsphäre von Trainer und Spielern. Wenn CC nicht in die Garderobe gekommen wäre, hätte ich den Rücktritt letzten Sonntag nicht gegeben. Aber ich habe auch meinen Stolz. Bei Siegen von Sion bläst sich CC auf, bei Niederlagen wäre ich schuld gewesen. Er verniedlichte meine Arbeit. Und als wir gewannen, war plötzlich ein Magnetiseur schuld… CC braucht Sklaven um sich, ich bin kein Sklave. Ich war wahrscheinlich eine zu starke Persönlichkeit für CC. Er ist eifersüchtig auf mich geworden.»
«Wir müssen uns beeilen», sagt Clausen noch, «das Spiel beginnt in ein paar Sekunden.»
Sein Handy läutet. Clausen lächelt. «Ich muss das Handy meines Sohnes benützen. Meines hat CC heute gekappt...»
Clausen beginnt Richtung Stadion zu rennen. «Schade», sagt er noch, «schade für die Spieler, ich wäre gerne länger hier geblieben.»
